Spielereise 2017

Dieses Jahr fanden wieder ab leider zum letzen mal unter dem Namen der Spielbaustelle unsere beiden Spielewochenenden über Chr, Himmelfahrt und Pfingsten statt.

Unendliche Weiten – Unendliche Nächte
Himmelfahrt in Bergneustadt


A) Einführung
Es war der letzte Tag vor der Abreise auf der Spielereise nach Bergneustadt zu Christi Himmelfahrt. Inge
Mettmann, die Vorsitzende der Spielbaustelle, bittet mich darum, dass ich – als Neuling, was Spielereisen
betrifft – einen Artikel über meine „ersten“ Eindrücke rund um die Reise verfassen könnte. Dieser
Aufgabe habe ich mich gern gestellt und diesen -vielleicht etwas ungewöhnlichen – Text verfasst. Es sei
darauf hingewiesen, dass es nicht die Absicht des Verfassers ist, irgendjemanden zu diskreditieren. Wenn
mitunter eine etwas drastische Sprache verwendet wird (wie z. B. der Ausdruck „Spielefanatiker“), dann
geschieht das mit einem Augenzwinkern und einem „Schuss“ Ironie.
B) Hauptteil


An meinem Anreisetag (Donnerstag, Christi Himmelfahrt) fuhr ich mit gemischten Gefühlen in Richtung
Bergneustadt zum Hotel Phönix. Ich würde nur wenige Leute kennen und hatte im Wesentlichen keine
Ahnung, ob mir die Spiele, die dort gespielt werden, gefallen würden. Ich hatte 3 Übernachtungen
gebucht, die meisten anderen 4 Übernachtungen, so dass ich zu der Gruppe „verspätet“ hinzustoßen
würde.
Die Fahrt verlief ohne Probleme, die Sonne schien und das sollte auch die nächsten drei Tage so bleiben.
Ich gelangte, nachdem es den letzten Teil der Strecke nur bergauf gegangen war, zum Hotel Phönix.
Dieses ist herrlich im Oberbergischen gelegen. Von der Terrasse des Hotels erstrecken sich unendliche
Weiten – Berge, Täler und zu Füßen des Hotels die Innenstadt von Bergneustadt…eine Aussicht wie aus
dem Bilderbuch.
Unendliche Weiten sollten allerdings auch in anderer Hinsicht meine erste Spielereise prägen. Was sich
insbesondere auf die unendlichen Weiten Amerikas und des Weltraums beziehen sollte. Aber dazu
später mehr.
Meine Eindrücke von der Reise lassen sich grob in drei Bereiche aufteilen: „Spielertypen“, „Spiel und
Spaß“ und „Sonstiges“.


I.) Spielertypen
Zunächst sei hervorgehoben, dass von jung (Mitte 20) bis alt (89 Jahre!) alles auf der Spielereise
vertreten war, eine Gruppe, die (aus Sicht des Verfassers) sehr gut harmonierte.
Die ca. 65 Personen stellten, wie sich aus Beobachtungen und Gesprächen gleichermaßen ergab, eine
bunte Mischung von Gelegenheitsspielern über Spielbegeisterte bis hin zu Spielefanatikern.
Diese Kategorisierung der Teilnehmer/innen erfolgt (zum Zwecke dieses Artikels vereinfacht dargestellt)
nach dem Kues’schen Höchstzahlverfahren inklusive Unschärfe-Relation und statistischer Abweichung
wie folgt:


a) Der Gelegenheitsspieler:

1.) kommt insbesondere der Gruppe (oder seinem spielbegeisterten bzw. spielefanatischen Partner) zur
Liebe mit auf Fahrt und verbringt maximal 1 bis 2 (verlängerte) Wochenenden im Jahr mit auswärtigen
Brettspiele-Treffen;

2.) kennt ein paar neue Spiele vom Namen her, hat aber viele davon vor dem entsprechenden
Spielewochenende noch nicht gespielt;

3.) hat bis zu 100 Spiele zu Hause im Schrank (und erachtet dies als „umfangreich“);

4.) kauft sich im Jahr maximal 5 neue Spiele;

5.) kennt nur die Spielregeln seiner Lieblingsspiele auswendig und lässt sich in den allermeisten Fällen ein
neues Spiel von einem Spielefanatiker oder Spielbegeisterten erklären;

6.) beendet seinen Spieletag um spätestens 0.00 Uhr (oder geht bereits vorher an die Bar);

7.) heißt Ablenkungen von der „Spielphase“ gerne willkommen (Konversationen; Schwimmbad- und
Saunagänge; ausgedehnte Essenszeiten);

8.) pflegt einen großzügigen Umgang mit den Spielregeln, solange das Spielziel durch die entsprechende
falsche / flexible Spielweise nicht nachhaltig gefährdet wird.


b) Der Spielbegeisterte:
1.) fährt aus eigenem Antrieb gerne mindestens zwei Mal im Jahr zu einem auswärtigen BrettspieleTreffen mit mehreren Übernachtungen;

2.) kennt viele neue Spiele und hat darüber bereits Kritiken etc. gelesen und hat sich vor dem
entsprechenden Spielwochenende schon einige davon gekauft; er bringt davon auch mindestens 3-4 mit
zum Treffen;

3.) hat zwischen 100 und 500 Spielen zu Hause in Schränken (bzw. in separaten Räumen, auf dem
Dachboden oder im Keller);

4.) kauft sich im Jahr zwischen 5 und 10 neuen Spielen;

5.) kennt die Spielregeln von diversen (auch neuen) Spielen sehr gut und muss nur gelegentlich noch
einmal in die Spielanleitung schauen, um Fragen zu speziellen Situationen zu beantworten; er erklärt
gerne die Spielregeln (oder liest diese laut vor), kann darauf aber auch gut verzichten;

6.) beendet seinen Spieletag gegen 1.30 Uhr, um dann morgens ab 10.00 Uhr nach kurzem Frühstück
wieder fit für neue Partien zu sein;

7.) versucht Ablenkungen von der „Spielphase“ in der Regel zu vermeiden, lässt aber in großzugiger
Weise Ausnahmen zu;

8.) besteht auf die Einhaltung der Spielregeln, ist aber ausnahmsweise zu Kompromissen in Hinblick auf
das „Große Ganze“ und die Stimmung am Tisch bereit.


c) Der Spielefanatiker:

1.) fährt mindestens 3 Mal im Jahr zu mehrtägigen Brettspiele-Treffen und betrachtet diese als
Höhepunkte seines Jahres und äußerst sinnstiftend für sein Leben;

2.) kennt fast alle neuen Brettspiele auf dem Markt (und dazu noch die Geschichte von deren Verlagen
und diversen Spieleautoren) und stellt sein Wissen darüber auch gerne zur Schau; er bringt mindestens
eine Plastikbox voll (neuen) Spielen zum Treffen mit;

3.) ist stolzer Besitzer einer heimischen Spielesammlung mit über 500 Spielen – einer Blaupause der
deutschen Brettspielkultur im Wandel der Jahrtausende; die Spiele werden alle gehegt und gepflegt und
befinden sich in einem Top-Zustand; Unordnung beim Einpacken von Spielutensilien in die Box ist ihm
ein Fremdwort (und ein Graus);

4.) kauft sich im Jahr mindestens 10 neue Spiele und besucht jährlich mindestens eine Spielemesse;

5.) kennt die Spielregeln von unzähligen (auch neuen) Spielen bis ins Detail und hat ein DauerAbonnement auf das Amt des „Erklärbären“;

6.) zockt, wenn das Spiel sich so entwickelt, bis tief in die Nacht und bewahrt sich dabei durch pures
Adrenalin gepaart mit einem eisernen Willen und reiner Spielfreude bis zum Schluss die nötige
Konzentration;

7.) meidet Ablenkungen von der „Spielphase“ wie der Teufel das Weihwasser und begegnet Petitionen
seiner Mitspieler nach längeren Pausen oder Unterbrechungen mit Unverständnis (fügt sich aber dann
doch mit einer Fanatikern anderer Gesellschaftsbereiche nur selten eigenen Toleranz friedlich den
jeweiligen Begebenheiten);

8.) kennt kein Pardon bei der Durchsetzung der Spielregeln (auch nicht in Detailfragen, denn es geht ums
Prinzip und die Einhaltung der Regeln ist eine ernste Angelegenheit).
Die Abgrenzung der „Spieletypen“ ist dabei als offenes System zu betrachten. So ist der Verfasser bei
Anwendung der Kriterien zu 75 % ein Gelegenheitsspieler, zu 12,5 % ein Spielbegeisterter
(Übereinstimmung mit Punkt b 7) und ebenfalls zu 12,5 % ein Spielefanatiker (Treffer bei Punkt c 6).

II.) Spiel und Spaß bis tief in die Nacht
Ich habe viele neue Spiele kennengelernt während meines Aufenthaltes in Bergneustadt. Überwiegend
waren diese als spielenswert und spannend zu klassifizieren. Es gab jedoch auch einen „Ausreißer“ nach
unten. Hier ein Resumee zu denjenigen Spielen, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind:

a) Terraforming Mars
Ein geniales Spiel. Man muss zusammen mit seinen Mitspielern den Mars bewohnbar machen (durch
Anbau von Pflanzen zur Steigerung des Sauerstoffgehalts, Schaffung von Ozeanen und Erhöhung der
Temperatur durch Energie- und Wärmeprojekte). Es gibt unzählige Karten (zum Ausspielen) und
Strategien zu gewinnen, wobei jeder Spieler einen individuellen Konzern mit gewissen Vorzügen und
Vorteilen leitet. Am Ende gewinnt derjenige, der am meisten Siegpunkte sammeln konnte, die auf
diverse Arten zu erlangen sind. Aber Vorsicht: Man muss mindestens drei bis vier Stunden einplanen,
wenn man zu viert oder fünft den Mars „terraformieren“ will. Aber die Hartgesottenen – zu denen sich
der Verfasser zählt – haben ja bis tief in die Nacht Zeit dafür… und wer das Frühstück verpasst, kann
mittags umso mehr essen.

b) Merchant of Venus
Die Neuauflage dieses Spiels von 1987 ist gerade erschienen. Ich hatte das Vergnügen das Origininal zu
spielen. Es geht um Handel und Wandel im Weltraum. Man muss sich den Weg durch Asteroidenfelder
und Supernovas bahnen und verschiedenen außerirdischen Rassen die Produkte liefern, die sie haben
wollen. Und dabei möglichst viel Profit machen, um sich ein besseres Raumschiff sowie Schutzschilde,
Bordbewaffnung etc. zu kaufen, um der Konkurrenz immer eine Nasenlänge voraus zu sein. Ein Klassiker,
den man unbedingt mal gespielt haben muss…man sollte aber ein paar Stunden Zeit einkalkulieren.

c) Railroad Revolution
Ein anspruchsvolles Eisenbahnspiel, bei dem es viele Möglichkeiten gibt, um zu gewinnen. Man muss sich
allerdings von Anfang an eine gute Strategie zurechtlegen und langfristig planen. Kein Spiel für eine
einzige Partie, weil man aus seinen (wahrscheinlichen) Fehlern lernt und dies dann beim nächsten Spiel
umsetzen kann. Ca. zwei bis drei Stunden Spieldauer (bei 4 Personen).

d) Santo Domingo
Ein schönes Spiel, wenn man ein kürzeres Spiel von ca. 30 bis 45 Minuten Länge spielen möchte. Man
muss möglichst diejenigen Schiffs-, Personen- und Handelskarten ausspielen, die der Gegner von einem
nicht erwartet bzw. gewisse Karten noch haben, wenn sie die Gegner nicht mehr besitzen, um die
Kolonialwelt am Ende zu dominieren. Es bleibt bis zum Schluss spannend.

e) Crazy Race
Nachts im Zoo veranstalten die Tiere ein wildes und verrücktes Rennen, bei dem niemals Langeweile
aufkommt. Dafür sorgen schon die Würfelergebnisse, die einen jederzeit im Spannungsverhältnis
zwischen Frust und Freudentaumel halten. Die Wechsel der Zugtiere sind dabei ganz entscheidend. Denn
es macht einen großen Unterschied aus, ob ein Känguruh, ein Nilpferd oder eine Gruppe von
Chamäleons den Wagen zieht… Ein Spiel mit hohem Spaß-Faktor (und auch Glücksfaktor, aber das tut
der Liebe keinen Abbruch). Die Spieldauer ist ca. 45 Minuten, aber die Zeit vergeht wie im Flug.

f) Bärenpark
Der einfallsreichste Baumeister eines Bärenparkes wird gesucht. Denn der Sieg erwartet denjenigen, der
seinen Park bestehend aus vier Bauflächenkarten am besten nutzt (für hochwertige Anlagen wie
Eisbärengehege, Wasserinstallationen, Pandabärenspielwiesen etc.) und dabei möglichst wenige
Toilettenhäuschen und Frittenbuden als „Füllmasse“ braucht. Wer eine seiner vier Bauflächen als erster
lückenlos abdeckt, erhält außerdem den „Goldenen Bären“ oder besser gesagt eine Bärenstatue. Ein
kurzweiliges Spiel, bei dem Augenmaß und Planungsstrategie von entscheidender Bedeutung sind. Ca. 1
Stunde Spielzeit bei 4 Personen.

g) Solaris
Optisch reizvoll, spielerisch ein Reinfall. So würde ich dieses Brettspiel bewerten. Am Ende entscheidet
der Zufall, wer gewinnt, weil er sich die richtigen Karten für die Energiezufuhr aufbewahrt hat…während
andere mit ihren Karten mangels Möglichkeit des Energietransfers auf dem „Trockenen“ sitzen bleiben.
Die Spielzüge laufen immer gleich ab und werden auf Dauer langweilig. Wer dieses Spiel noch nie
gespielt hat, hat meiner Meinung nach wenig verpasst.


III.) Sonstiges
Neben den den Aufenthalt im Hotel Phönix prägenden offenen Spielerunden wurden zwei Turniere
veranstaltet, bei denen auch Preise winkten. Zum einen war dies ein „Tichu-Turnier“ . Tichu ist ein
interessantes und überraschungsträchtiges Kartenspiel, bei dem man insgesamt zu viert spielt und die
beiden gegenübersitzenden Spieler jeweils ein Team bilden. Zum anderen wurde ein „Jakkolo-Turnier“
ausgetragen. Jakkolo ist ein Geschicklichkeitsspiel, bei dem man Holz-Pucks von ca. 7 cm Durchmesser
möglichst gleichmäßig in die vier mit schmalen Öffnungen versehenen Wertungszonen am Ende eines ca.

2 Meter langen Holzbretts verteilen muss.
Zum Hotel Phönix ist noch zu sagen, dass es sich um ein gut ausgestattetes modernes Hotel mit schönen
Zimmern handelt. Das Essen war reichhaltig (in Buffetform) und es war für jeden Geschmack etwas dabei
(abends z.B.: Salate, Suppe, vegetarische Hauptgerichte als auch Fisch und Fleisch). Die Frühstückszeiten
(bis 10.00 Uhr) kamen auch Spätaufstehern, von denen es in der Gruppe einige gab, entgegen.
Mein persönlicher Dank gilt einerseits Joachim Dell – der bereit war, mit mir bis spät in die Nacht zu
zocken – und Brigitte Horak, die für das nächste Jahr die Organisation für die Spielereise zu Christi
Himmelfahrt übernommen hat.


C) Fazit
Ich habe zu Himmelfahrt ein tolles verlängertes Wochenende mit sympathischen Menschen verlebt und
insgesamt sehr spannende sowie unterhaltsame Brettspiele kennengelernt. Außerdem habe ich an dem
Jakkolo-Turnier teilgenommen (leider aber mit eher bescheidenem Erfolg). Die Bilanz der Reise fällt
rundum positiv aus. Meine Buchung für nächstes Jahr ist bereits erfolgt. Auf ein Wiedersehen zu Christi
Himmelfahrt 2018!